Ausgangspunkt dieser Arbeit bildet eine kritische Auseinandnersetzung mit den Zeitkonzeptionen der aktuellen Erzahlforschung, fur die eine Zeitdominanz bei gleichzeitiger Raumblindhiet charakteristisch ist. Weitergehend lasst sich ein reduktivier Zeitbegriff aufzeigen, der an der spezifischen Qualitat und Bedingtheit der Zeit vorbeigeht. Demgegenuber wird das Potential der Ansatze Michail M. Bachtins sichtbar, dessen Chronotopos-Begriff Zeit und Raum nicht gegeneinander ausspielt, sondern in Relation zueinander setzt. Sein Verstandnis basiert - wie diese Arbeit erstmals rekonstruiert - auf Ernst Cassirers Philosophie der symbolischen Formen. In Anschluss an Cassirer sieht Bachtin in Zeit und Raum sowohl konstitutive Gro?en der menschlichen Erkenntnis, als auch des Erzahltextes. In der Analyse der Zeit- und Raumkonzeption sind somit ausgezeichnete Ansatzpunkte fur eine kulturwissenschaftliche Theorie des Erzahlens gegeben, die Aussagen uber Kultur und Identitat ermoglichen.